Brief des Vorstands­vorsitzenden

Liebe Aktionärinnen, liebe Aktionäre,

multiple Krisen haben im zurückliegenden Jahr 2022 Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in Atem gehalten. Dieser Begriff bezieht sich auf zusammenhängende, sich gegenseitig beeinflussende Krisen, wobei in der öffentlichen Diskussion damit meist die Konstellation aus Gesundheitskrise, ausgelöst durch die COVID-19-Pandemie, die Lebenshaltungskostenkrise als Folge steigender Energie- und Lebensmittelpreise sowie die Klimakrise gemeint ist. Fest steht, 2022 war auf vielfältige Weise fordernd. Insbesondere der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar hat die internationalen Lieferketten erneut schwer gestört und die Energie- und Rohstoffmärkte weltweit unter Druck gebracht. Die Kombination aus höchst unsicheren Produktionsbedingungen in Form von wiederkehrenden und wechselnden Versorgungsengpässen und höheren Materialkosten hat uns im Rosenbauer Konzern die Grenzen unseres an sich resilienten Geschäftsmodells aufgezeigt.

Wir haben uns 2022 einmal mehr mit zahlreichen Innovationen als Technologieführer positioniert. Das ist das Fundament für die kommenden Jahre.

Sebastian Wolf, CEO

In diesem schwierigen Umfeld haben wir früh an allen relevanten Produktionsstandorten Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung eingeleitet. So haben wir an unserem Stammsitz Leonding Kurzarbeit für Teile der Fertigung genutzt, um uns mit den teils unterbrochenen Lieferketten wieder zu synchronisieren. Im Sommer haben wir damit begonnen, in Europa eine begrenzte Anzahl weitgehend standardisierter Vorratsfahrzeuge zu bauen, die sich nur noch eingeschränkt konfigurieren lassen. Dieses Vorgehen wurde von unseren Kundinnen und Kunden sehr gut angenommen und wir konnten fast alle diese Fahrzeuge bereits während der Herstellung verkaufen. Auf diese Weise konnten wir nicht nur die dringendsten Bedarfe der Feuerwehren kurzfristig bedienen, sondern auch wichtige Fortschritte in Sachen Standardisierung realisieren.

Den widrigen Umständen zum Trotz haben wir auf der Branchenleitmesse Interschutz, die ursprünglich schon 2020 stattfinden hätte sollen, unsere Produktinnovationen vorgestellt und konnten uns klar als der Technologieführer der Branche präsentieren. Mit den Produktentwicklungen haben wir den Grundstein für die kommenden Jahre gelegt und die offenen Fragen der E-Mobilität für die Feuerwehr beantwortet. Die Messe gab uns zudem nach zwei Jahren des Social Distancing wieder die Möglichkeit, mit unseren Kunden persönlich in Kontakt zu treten.

Es gibt viele Gründe, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Unser Auftragseingang hat in einem schwächeren Umfeld eine neue Rekordmarke erreicht.

Sebastian Wolf, CEO

Ergänzend zu den internen Maßnahmen haben wir im Berichtsjahr unsere Angebotspreise für Neuausschreibungen in zwei Schritten angehoben und damit die gestiegenen Kosten für Vorprodukte, Rohstoffe und Energie weitergegeben. Gemeinsam mit den Preiserhöhungen des Jahres 2021 werden diese vor allem in den Ergebnissen der Jahre 2023 und 2024 ihren Niederschlag finden. Ganz allgemein bin ich davon überzeugt, dass die Feuerwehrindustrie, wie andere Sektoren auch, wegen der langen Durchlaufzeiten und der hohen Individualisierung zu einer dynamischen Preisgestaltung etwa in Form einer Indexierung kommen muss, die derartig drastische Umfeldveränderungen wie im Vorjahr integriert und eine Risikoteilung zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern ermöglicht.

Es gibt viele Gründe, nach dem außergewöhnlichen Jahr 2022 zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Allen voran erfreuen sich die Produkte und Dienstleistungen unseres Hauses unverändert einer starken Nachfrage. Unser Auftragseingang hat im Berichtsjahr in einem schwächeren konjunkturellen Umfeld und trotz mehrfacher Preiserhöhungen mit 1.230,0 Mio € eine neue Rekordmarke erreicht. Dabei haben alle Vertriebsregionen und Segmente, insbesondere aber die Area NOMA, die Area MENA und der Vorbeugende Brandschutz deutliche Zuwächse erzielt. Über 95 Prozent unserer Kunden kommen dabei aus dem öffentlichen Sektor, der auch während der COVID-19-Pandemie keine Aufträge storniert hat und im Gegenteil vielfach antizyklisch investiert. Unser Auftragsbestand belief sich zum Jahresultimo auf 1.469,7 Mio €, ebenfalls ein historisches Hoch.

Wir haben im Vorjahr die Gelegenheit ergriffen, den Hälfteanteil unserer beiden langjährigen Partner am Amerikageschäft zu erwerben und den US-Teilkonzern vollständig zu übernehmen. Dieses Kaufangebot hat uns die strategische Chance eröffnet, die Unternehmensgruppe stärker in die Konzernstrukturen zu integrieren und ihr Volumen auszubauen. Geografisch orten wir in den großen Städten der Ost- und Westküste mit ihren Fahrzeugflotten ebenso weiteres Wachstumspotenzial wie bei Komponenten, Ausrüstung und Service. Mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen von über 6.000 Fahrzeugen und einer einheitlichen Normenlandschaft sind die USA der weltweit größte homogene Einzelmarkt.

Unser Umsatz lag zum Jahresultimo 2022 bei 972,2 Mio € und damit auf dem Niveau des vorangegangenen Jahres. Das EBIT war nach einem Aufholprozess im vierten Quartal, belastet durch Sondereffekte wie die Interschutz und die begonnene Restrukturierung, mit -10,5 Mio € negativ. Im Einklang mit unserer Dividendenpolitik, die sich am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens orientiert, werden wir daher gemeinsam mit dem Aufsichtsrat der Hauptversammlung vorschlagen, auf eine Dividendenauszahlung für 2022 zu verzichten. Das heißt aber auch, dass wir im laufenden Jahr unseren Management-Fokus auf die operationelle Exzellenz noch einmal verstärken und Cashflow sowie Ergebnis absolute Priorität gegenüber Umsatz geben werden.

An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die im vergangenen Jahr einmal mehr ihre Leistungsbereitschaft und Loyalität bewiesen haben. Ihnen, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, darf ich für Ihr Verständnis für unsere Entscheidung danken und freue mich, wenn wir auch in den komenden Monaten auf Ihr Vertrauen setzen dürfen.

Sebastian Wolf, CEO